Sprache auswählen

German

Down Icon

Land auswählen

Germany

Down Icon

Das Ende eines amerikanischen Traums: Die spanische Liga muss ihre USA-Pläne vorerst begraben

Das Ende eines amerikanischen Traums: Die spanische Liga muss ihre USA-Pläne vorerst begraben

Das Barça-Spiel in Miami scheitert am Widerstand der Spieler und am Druck von Real Madrid. Verliererin ist auch eine Agentur mit grossen Ambitionen.

Florian Haupt, Barcelona

Am Wochenende führte ein Spielerprotest zum Boykott der ersten 15 Sekunden der spanischen Spitzenspiele. Auch die Fussballer von Real Madrid protestierten.

Fernando Roig Negueroles traute seinen Augen kaum. Der Geschäftsführer von Villarreal schaute zunächst wie erstarrt auf sein Telefon und begann dann aufgeregt zu sprechen. Die Szene wirkte wie aus einer dieser Dokumentationen, für die Filmemacher hinter die Kulissen blicken dürfen, aber sie spielte sich in der Öffentlichkeit ab. Roig Negueroles verfolgte gerade auf der Tribüne die Champions-League-Partie seines Klubs gegen Manchester City.

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Die brisante Neuigkeit: die Absage des Austragungsorts Miami für das Ligaspiel von Villarreal am 20. Dezember gegen Barça. Wochenlang hatte die spanische Liga das Projekt der US-Vermarktungsagentur Relevent angekündigt. Deren Eigentümer, Stephen M. Ross, besitzt sowohl das Stadion in Miami als auch das Football-Team Miami Dolphins.

Vor zwei Wochen gab der europäische Fussballverband Uefa widerwillig sein Einverständnis. Villarreal warb eifrig, arbeitete Konzepte zur Entschädigung seiner Anhänger aus. Doch acht Minuten vor Ende der ersten Halbzeit gegen Manchester City verschickte die höchste spanische Fussballliga eine Pressemitteilung: Relevent habe storniert.

Spielerprotest: auf dem Rasen und online

Der Zeitpunkt der Absage erschien nach dem 0:2 von Villarreal nicht nur dem Trainer Marcelino García Toral als «absolute Respektlosigkeit gegenüber Führungskräften, Spielern und Fans» eines Vereins, der sich nun als Versuchskaninchen missbraucht fühlt. Es lässt sich auch als Sinnbild der unseriösen Wurstigkeit deuten, mit der die Organisatoren insgesamt zu Werke gingen.

In den Begründungen ihrer Rolle rückwärts blieb die spanische Liga vage. «In Spanien generierte Unsicherheit» hätte die Agentur zur «Streichung» bewogen. Relevent selbst sprach in einem Statement nur von einer «Verschiebung»: Wegen besagter Unsicherheit bleibe nicht mehr genug Zeit zur Vorbereitung, insbesondere zum Ticketverkauf.

Offenbar beziehen sich die verhinderten Visionäre auf den Spielerprotest, der am vergangenen Wochenende zu einem Boykott der ersten 15 Sekunden aller spanischen Spitzenspiele führte. Und auf die jüngsten Äusserungen von Spielern von Real Madrid. So warf der Torwart Thibaut Courtois der Liga an der Medienkonferenz vor dem Champions-League-Match gegen Juventus Turin willkürliches Vorgehen vor: «Das verzerrt den Wettbewerb und verstösst gegen den Rahmenvertrag mit den Spielern.» Der Captain Dani Carvajal attackierte in den sozialen Netzwerken direkt den Ligachef Javier Tebas: «Das befleckt seinen Wettbewerb.»

Der mächtige Pérez soll persönlich interveniert haben

Die Opposition aus diesen Richtungen war bekannt. Spaniens Spielergewerkschaft und manche Vereine beklagten schon seit Wochen den Gang nach Miami wie vor allem die Intransparenz, mit der der spanische Ligachef Tebas alle Akteure vor vollendete Tatsachen gestellt habe.

Real Madrid hatte schon beim Bekanntwerden der Pläne im August die Sportaufsicht der spanischen Regierung einzuschalten versucht und wiederholte dieses Manöver zu Wochenbeginn erneut. Zuletzt soll der mächtige Klubpräsident Florentino Pérez auch sein persönliches Verhältnis zu Ross genutzt haben, um diesen zum Abbruch des Vorhabens zu bewegen.

Stephen M. Ross ist Inhaber der US-Agentur Relevent. Ab 2027 wird diese die Champions League der Uefa vermarkten.

Pérez ist an sich der Letzte, der etwas gegen globale Expansion hätte. Er möchte sie allerdings zu seinen Konditionen vorantreiben. Pérez visiert weiter die Gründung einer europäischen Superliga an und liefert sich mit deren scharfem Kritiker Tebas seit Jahren ein Gefecht um Macht und Deutungshoheit. Wenige Tage vor dem Clásico gegen den FC Barcelona am Sonntag kommt für Pérez der Relevent-Rückzug da einem Goal ins Lattenkreuz gleich.

Tebas wies demgegenüber in einer Stellungnahme darauf hin, dass in Real diejenigen mit der Integrität des Wettbewerbs argumentieren würden, «die seit Jahren genau diese infrage stellen, indem sie Schiedsrichter und Funktionäre unter Druck setzen, verfälschte Erzählungen konstruieren sowie politischen und medialen Druck als Werkzeug im Sport einsetzen».

Auch die Serie A will ins Ausland

Spaniens Fussball habe eine «historische Chance» verpasst, Image und Zukunftsfähigkeit zu stärken, sagte Tebas nach einem Abend, an dem die Pleiten von Villarreal gegen Manchester City und von Atlético Madrid bei Arsenal (0:4) den Rückstand zur finanziell überlegenen Premier League demonstrierten.

Um diese Kluft zu verkleinern, will auch Italiens Serie A ins Ausland – das Spiel im Februar zwischen Milan und Como in Perth wurde so weit bestätigt, dürfte nach dem Aus für Miami aber noch stärker unter Druck geraten.

Im spanischen Fall können Tebas’ starke Worte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der sendungsbewusste Funktionär als grosser Verlierer der Angelegenheit dasteht. Bereits 2018 scheiterten Relevent und er mit dem Plan, ein Spiel zwischen Girona und Barça in Miami auszutragen – damals am Veto der Verbände.

Diesmal übersah er, dass seine Ambition nur mit dem Einverständnis aller Beteiligten hätte Wirklichkeit werden können. Zusätzlich schadete er seinem Ansehen mit dem Versuch, den 15-Sekunden-Protest der Spieler aus den Fernsehbildern des Wochenendes auszublenden.

Doch auch die Amerikaner von Relevent haben Glaubwürdigkeit eingebüsst. Für den Vierjahreszyklus ab 2027 halten sie erstmals die weltweiten Vermarktungsrechte der Champions League und lancieren optimistische Prognosen über Gewinnzuwächse bei den Medienrechten. In der Causa Miami aber musste der Football-Eigentümer Ross erneut feststellen, dass Ideen im Interessengestrüpp des europäischen Fussballs noch keine Realität werden.

Am 16. November kann er sich vor Ort weiter mit dem Thema befassen. Dann treten seine Miami Dolphins in einer NFL-Partie im Santiago-Bernabéu-Stadion von Real Madrid an.

nzz.ch

nzz.ch

Ähnliche Nachrichten

Alle News
Animated ArrowAnimated ArrowAnimated Arrow