Die Zeche einer traurigen Saison: Die GC-Männer sind im Abstiegskampf ohne Plan und Widerstandskraft


Der Weg von der Kabine zum Mannschaftsbus kann lang und beschwerlich sein. Für die GC-Spieler war er am Samstag kurz vor Mitternacht besonders mühsam, nachdem sie gegen den FC Sion 1:2 verloren hatten, mit einem Sieg hätten sie den direkten Abstieg ausgeschlossen.
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So aber liegen die Zürcher auf dem zweitletzten Tabellenplatz, punktgleich mit Yverdon und einen Zähler hinter Winterthur. Immerhin hat der Rekordmeister das deutlich bessere Torverhältnis als seine direkten Konkurrenten. Für GC ist am Donnerstag im Heimspiel gegen den FC St. Gallen noch alles möglich: Abstieg, Barrage oder Klassenerhalt.
Der Trainer klagt über den SchiedsrichterEin GC-Profi nach dem anderen schlich wortlos durch den langen Gang im Stade de Tourbillon. Eine Regenerationsmahlzeit in der Hand, versteckten sich die meisten in den Kapuzenpullis und schleppten sich von dannen. Auch Amir Abrashi mochte nicht mehr reden. Bei den Pflichtterminen vor den TV-Kameras hatte der GC-Captain noch gesagt, dass man «die zwei Gegentore zu leicht weggeschenkt» habe, dass «die Enttäuschung riesig» sei. Aber es müsse weitergehen, «wir werden kämpfen bis zur letzten Minute». Danach entwich die letzte Kraft aus ihm.
Der GC-Trainer hatte mehr Energie, nachdem er sich über eine halbe Stunde Zeit gelassen hatte, um sich etwas zu beruhigen. Als Tomas Oral vor die vier Medienleute aus der Deutschschweiz trat, war sein Ärger längst nicht verraucht. Nach dem Abpfiff war er von seinem Spieler Pascal Schürpf zurückgehalten worden, weil er stracks auf den Schiedsrichter Luca Piccolo losgestürmt war, um ihm die Meinung zu geigen. Am Ende sagte Oral: «Ich will jetzt gar kein Schiedsrichter-Bashing machen.» Das sagen Trainer immer, wenn sie gerade ein Schiedsrichter-Bashing losgelassen haben.
Ein nicht bestraftes Foul an Nikolas Muci nach der Pause soll der Knackpunkt gewesen sein, und vor dem Platzverweis gegen Imourane Hassane habe es gegen GC eine ungeahndete Unsportlichkeit gegeben, der Referee sei viel zu wenig dominant aufgetreten. Da war viel Bitterkeit über Situationen, die man so oder so interpretieren kann. Krasse Fehler der Spielleitung, wie es einige gab in dieser Saison, waren nicht auszumachen.
Nicht ganz zu Unrecht klagte Oral über die veränderte Ausgangslage unmittelbar vor dem Spiel. Weil Winterthur auf der Schützenwiese Yverdon in fast letzter Sekunde ein Remis abgetrotzt hatte, war der FC Sion bereits vor dem Anpfiff gerettet. Vielleicht kommen die Liga-Verantwortlichen in der nächsten Saison auf die Idee, nicht erst die Partien der letzten Runde zeitgleich anzusetzen und den Spielplan fairer zu gestalten. Ob die unterschiedliche Spielansetzung tatsächlich einen Einfluss auf den GC-Match hatte, ist aber Spekulation.
Keine Spekulation ist, dass Orals Equipe zu wenig unternommen hatte und ein Plan fehlte, wie sie die Aufgabe lösen könnte. Das interessierte den GC-Trainer weniger. «Den Frust aus dem Körper trainieren, erholen und nochmals alles reinschmeissen», sagte er über seinen Plan für die vielen Stunden bis zum kommenden Donnerstag.
Ganz ohne Hoffnung müssen die Grasshoppers nicht im Elend verharren. Die Leistung im Wallis war nicht so traurig wie etwa jene im Derby gegen den FC Zürich (0:3) oder jene Darbietungen davor in den Partien gegen Winterthur. Aber der Energieschub, den sich GC beim 5:0-Sieg gegen Yverdon geholt hatte, verpuffte rasch im Tourbillon.
Die Vorstellung von Orals Mannschaft war das Abbild einer Saison, in der kein GC-Spieler vorangekommen ist. Die Equipe konnte weder auf taktische Umstellungen des Gegners reagieren noch Widerstand entwickeln, wie er bei Benjamin Kolollis innert dreier Minuten erzielten Toren notwendig gewesen wäre.
GC bleibt eine Ansammlung von Spielern, die sich nicht zu einer verschworenen Einheit verschweisst haben, anders als zum Beispiel der FC Winterthur. Die Entlassung des Sportchefs, die Freistellung des Goalietrainers oder die Degradierung eines wichtigen Spielers sind Belege für diverse Mängel. Die Not im Kampf gegen den Abstieg ist kein Zufall.
Showdown gegen Alain Sutters Ex-KlubDas dürfte auch der neue Sportchef Alain Sutter in den zwei Wochen seines Wirkens erkannt haben. Aber das behielt der GC-Hoffnungsträger in diesen delikaten Momenten für sich: «Ich glaube an die Mannschaft, sie ist intakt, es gibt keine Grüppchen, sie wird noch einmal alles reinwerfen, jeder weiss, dass wir dieses Cup-Spiel gegen St. Gallen gewinnen müssen.» Am Donnerstag geht es ausgerechnet gegen Sutters letzten Arbeitgeber.
Sutter war der einzige GC-Vertreter, der nach dem 1:2 Ruhe und Gelassenheit ausstrahlte. Er benutzte mit seiner Erfahrung und der nötigen Distanziertheit jene Textbausteine, die in solch misslichen Momenten zur Verfügung stehen.
Wahrscheinlich hätte er sich für seine Arbeit eine andere Ausgangslage gewünscht. In der ersten Juniwoche wird er mit Vertretern der GC-Besitzer aus Los Angeles über die Zukunftspläne beim Rekordmeister Auskunft geben. Bis dahin wird sich geklärt haben, mit welchem Trainer, mit welchen Spielern und mit wie viel finanziellem Aufwand GC die nächste Saison angehen wird. Entweder in der Super League. Oder in der Challenge League, in der Dunkelheit der Zweitklassigkeit.
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