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Absurd, aber kein Zufall: Deutschlands Basketball-Nationalteam ist das Maß aller Dinge

Absurd, aber kein Zufall: Deutschlands Basketball-Nationalteam ist das Maß aller Dinge

Pure Freude zu beschreiben, ist nicht einfach. Dieser Zustand des großen Glücks, diese Momente des ekstatischen Erlebens – sie lassen sich nur schwer in Worte fassen. Aber man erkennt es sofort, wenn Menschen pure Freude erleben. Und so sah man auch den Spielern der deutschen Basketball-Nationalmannschaft ihren kollektiven emotionalen Ausnahmezustand nach dem EM-Finale am Sonntagabend ganz eindeutig an.

Das war noch immer so, als die frisch gekrönten Europameister am Montag in Frankfurt von ihren Fans willkommen geheißen wurden. Vor allem aber war das am Sonntagabend in Riga so. Dort, wo das Team um die NBA-Stars Dennis Schröder und Franz Wagner sein EM-Finale gegen die Türkei gewonnen und damit nicht nur Historisches geschafft hatte, sondern auch ein völlig verändertes Selbstverständnis in Stein meißelte.

Die deutschen Basketballer haben Gefallen am Trophäensammeln gefunden.
Die deutschen Basketballer haben Gefallen am Trophäensammeln gefunden.Eibner-Pressefoto/imago
Franz Wagner im Trikot seines Bruders Moritz

Die Gesichter der puren Freude in Riga waren zahlreich. Da war Schröder, der direkt nach Spielende seinen Kumpel und Mitspieler Daniel Theis lange und ehrlich umarmte. Da war Isaac Bonga, der mit der Schlusssirene einfach nur jubelnd über das Parkett sprang. Da waren Beate Wagner und Axel Schulz, die erst auf der Tribüne einander und dann den anderen deutschen Fans in den Armen lagen und kurz darauf ihren Sohn Franz Wagner überfielen. Der wiederum kam selbst aus dem Grinsen nicht mehr heraus, streifte sich ein Trikot seines verletzten Bruders Moritz über und sagte eine knappe Stunde Feierei später in den Katakomben der Halle: „Es ist nicht alles gut gelaufen, aber wir haben alles gezeigt, was ein Championship-Team braucht.“

Es ist ein Satz, der das EM-Turnier der deutschen Mannschaft nahezu perfekt zusammenfasst. Schließlich wird in der Rückschau nicht nur diese große Geschichte des ersten EM-Titels seit 1993 bleiben, sondern auch viele kleine Erzählungen auf dem Weg dorthin. Die von Álex Mumbrú zum Beispiel, dem Bundestrainer, der vor einem Jahr in weltmeisterlich große Fußstapfen treten musste, mühsam sein eigenes Spielsystem etablierte und dann pünktlich zum Turnierauftakt in ein finnisches Krankenhaus eingeliefert wurde.

Bonga lobt Coach Mumbrú

Dass sein Assistent Alan Ibrahimagic so bravourös in die Bresche sprang, wurde zwar im Turnierverlauf irgendwann zum Normalzustand, ist aber alles andere als selbstverständlich. Genauso wie die Tatsache, dass Mumbrú trotz der schmerzhaften Entzündung seiner Bauchspeicheldrüse im zweiten Glied an der Seitenlinie alles einsetzte, was sein auch optisch gezeichneter Körper hergab. „Er ist ein großer Teil davon, dass wir heute hier gewonnen haben“, sagte Bonga nach Spielende über Mumbrú.

Ganz allgemein ist der deutsche EM-Erfolg ein großes Puzzle mit vielen Teilen. Die spielerisch prominentesten waren Schröder und Wagner. Erstgenannter zieht mit dem EM-Titel und seiner Auszeichnung zum wertvollsten Spieler des Turniers (MVP) eine zweite goldene Schicht über das Denkmal, das er sich bereits mit dem WM-Sieg 2023 gebaut hatte. Schröder hat Deutschlands Basketballer – zwar nicht im Alleingang, aber ganz maßgeblich – als Spieler und Anführer in lange völlig unvorstellbare Sphären geführt. Wagner hat ihm dabei geholfen und hätte ebenso gut zum MVP gewählt werden können. Er hat mit gerade einmal 24 Jahren vieles erreicht, was bis vor kurzem noch undenkbar war, und steht dazu symbolisch für die rosige Zukunft des deutschen Basketballs.

Hinzu kommen Spieler, die in Finnland und Lettland nur gelegentlich im Schatten von Wagner und Schröder standen, weil sie regelmäßig selbst ins Scheinwerferlicht traten. Tristan da Silva, der bei seinem ersten großen Turnier ein beeindruckend souveränes Finale spielte. Bonga, der als unermüdlicher Motor des deutschen Teams völlig zu Recht zum besten Verteidiger des Turniers gewählt wurde. Edelwerfer Andi Obst, die Big Men Theis und Johannes Thiemann. Und nicht zu vergessen: Aufbauspieler Maodo Lo.

Keine Ehrfurcht mehr vor großen Namen und Aufgaben

Der Berliner war schon dabei, als Deutschland vor zehn Jahren bei der EM 2015 im eigenen Land bitter enttäuschte und bereits in der Vorrunde ausschied. Dirk Nowitzki beendete damals seine Nationalmannschaftskarriere, Schröder übernahm das Zepter und dem deutschen Basketball wurden dunkle Zeiten prophezeit. Maodo Lo war auch dabei, als Deutschland bei der WM 2019 in einer eher harmlosen Vorrundengruppe krachend ausschied. Die Prophezeiungen schienen sich bewahrheitet zu haben. Sechs Jahre später haben Lo und Co. ein olympisches Halbfinale erreicht, eine EM-Bronzemedaille gewonnen, sind amtierende Welt- und Europameister. Es klingt absurd, weil es absurd ist. Absurd, aber absolut verdient – und alles andere als ein Zufall.

„Als wir früher gegen Frankreich oder Spanien gespielt haben, hatten wir diese deutsche Bodenständigkeit“, sagt Maodo Lo. Er spricht von einer Art Ehrfurcht – vor großen Gegnern, aber auch vor den eigenen Stärken. Davor, sportliche Ansprüche anzumelden. „Das haben wir überwunden“, sagt Lo, „wir haben gemerkt, dass wir auch als deutsche Mannschaft diese großen Spiele gewinnen können.“ Große Spiele und große Titel.

Berliner-zeitung

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