Warum sich Barcelona von Referee Marciniak benachteiligt fühlt

Nicht nur die Enttäuschung war groß beim FC Barcelona nach dem Ausscheiden aus der Champions League, auch Schiedsrichter-Kritik wurde bei den Katalanen laut. Zu Recht?
Viel Unverständnis: Barcelona beschwert sich über eine Entscheidung von Szymon Marciniak. AFP via Getty Images
Es waren gleich mehrere Szenen, die Barcelona im Nachgang des Halbfinalrückspiels bei Inter Mailand (3:4 n. V.) am Dienstagabend beschäftigten. Bereits in der 26. Minute gab es den ersten strittigen Moment wegen eines vermeintlichen Handspiels von Inter-Verteidiger Francesco Acerbi. Nach VAR-Prüfung entschied das Gespann um den Polen Szymon Marciniak, der die kicker-Note 1,5 erhielt, korrekterweise auf Weiterspielen.
Kniffliger wurde es da schon in der 43. Minute. Das Tackling von Pau Cubarsi gegen Lautaro Martinez im Strafraum schien zunächst hart, aber sauber gewesen zu sein, zumal der Ball sich in die Richtung bewegte, in die Cubarsi gegrätscht hatte. Nach Ansicht der Videobilder kam Marciniak aber zu einer anderen Entscheidung. In einer Zeitlupe erkennt man, dass der Barcelona-Abwehrspieler Martinez trifft und der Inter-Stürmer das Leder selbst unfreiwillig mit seinem Fuß in die Richtung befördert.
Und wie sahen es die Ex-Kollegen? Auf Prime Video verbesserte sich der ehemalige Bundesliga-Referee und DFB-Regelexperte Lutz Wagner nach Ansicht der TV-Bilder und stimmte letztlich der Elfmeter-Entscheidung zu. In Spanien gab es geteilte Meinungen: "Nachdem ich 80 Wiederholungen gesehen habe, sehe ich keinen direkten Kontakt zwischen dem Verteidiger und dem Angreifer", erklärte der ehemalige Referee Pavel Fernandez bei Radio Marca. "Falsches Eingreifen des VAR. Es ist kein Elfmeter." Wie Wagner sah es der 2023 zurückgetretene FIFA-Referee Antonio Mateu Lahoz. "Es ist für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar. Nur eine Kamera zeigt, dass es ein Elfmeter von Cubarsi an Lautaro ist - und dafür wurde der VAR eingesetzt."
In der 70. Minute zeigte Marciniak dann auf der anderen Seite auf den Elfmeterpunkt. Das Foul von Henrikh Mkhitaryan an Lamine Yamal war unstrittig, nur auf den Tatort kam es an. Kurz vor oder kurz nach der Strafraumlinie, das war die Gretchenfrage. Auch hier änderte Marciniak zu Recht seine Meinung und entschied auf Freistoß. Mit den Fingern zeigte der Referee nach VAR-Eingriff an, dass es sich um eine Zentimeterentscheidung gehandelt hatte.
Araujo erkennt Foul gegen Gerard MartinAls Barcelona sich schon auf der Zielgeraden befand, traf Acerbi in der 93. Minute zum 3:3. Doch war hier alles mit rechten Dingen zugegangen? Die Katalanen hatten in der Entstehung jedenfalls ein Foul von Vorbereiter Denzel Dumfries an Außenverteidiger Gerard Martin erkannt. Hansi Flick beschwerte sich an der Außenlinie vehement und sah von Marciniak die Gelbe Karte. "Beim 3:3 wurde Gerard gefoult", behauptete auch Ronaldo Araujo. Die TV-Bilder zeigen, dass Dumfries mit dem Fuß Martin leicht am Schienbein berührt, offenbar war der Kontakt aber nicht ausreichend für Marciniak und Kollegen. Eine ebenfalls vertretbare Entscheidung.
In Barcelona fühlen sie sich in Summe dennoch benachteiligt. "Ich möchte nicht über den Schiedsrichter sprechen, aber jede Entscheidung, die 50:50 war, ging zu ihren Gunsten aus. Ich habe ihm gesagt, was ich denke, aber ich werde es hier nicht sagen", sagte Flick. Eric Garcia witterte gar eine Verschwörung. "Ich war schon dreimal hier, und aus A- oder B-Gründen oder aus Gründen, die andere Leute zu verantworten haben, ist es nicht nach unserem Geschmack gelaufen. Wir alle wissen, was mit diesem Schiedsrichter passiert ist, als wir das letzte Mal hier waren", sagte der Torschütze zum 1:2.
Damit spielte er womöglich auf das 0:1 im Gruppenspiel bei Inter im Oktober 2022 an. Auch damals lief die 93. Minute, als Dumfries den Ball an die Hand bekam und der Referee die Szene zugunsten der Mailänder wertete. Allerdings hieß der Schiedsrichter damals nicht Marciniak, sondern Slavko Vincic.
Ein verfrühter Pfiff? Das kennen auch die Bayern von MarciniakDoch auch Inter Mailand brachte der Referee einmal in Rage. Mitten in eine Großchance zu Ende der ersten Halbzeit der Verlängerung pfiff Marciniak zur Pause. Erinnerungen wurden vor allem beim FC Bayern wach: Im Halbfinal-Rückspiel 2023/24 bei Real Madrid (1:2) lief die 13. Minute der Nachspielzeit, als Matthijs de Ligt zum vermeintlichen Ausgleich traf. Marciniak hatte aber, weil sein Assistent die Fahne gehoben hatte, bereits gepfiffen, noch ehe der Ball bei de Ligt angekommen war. Bei einem langen Ball von Joshua Kimmich auf Noussair Mazraoui standen womöglich Mazraoui und de Ligt im Abseits - überprüft werden konnte das aber nicht, Marciniak hatte die Partie entgegen der VAR-Vorgaben schon unterbrochen. Auch in Mailand agierte er zu überhastet.
kicker