Vor Real: Muss Tudor bereits um seinen Juve-Job fürchten?

Der ordentliche Saisonstart ist verblasst, die Probleme durchaus groß - und der Trainer schon angezählt? Vor dem Champions-League-Hit bei Real Madrid müssen Igor Tudor und Juventus den Turnaround bewerkstelligen. Sonst droht eine zügige Umbaumaßnahme.
Geht durch seine erste Krise: Juve-Coach Igor Tudor. IMAGO/Marco Canoniero
Dass Igor Tudor in der jüngsten Serie-A-Saison den italienischen Rekordmeister durchaus souverän noch in die Königsklasse geführt hatte, wurde dem früheren Juve-Profi (1998 bis 2007) hoch angerechnet. Und vor allem mit der festen Installation als Nachfolger des gescheiterten Thiago Motta auch eben für die Zukunft vergütet.
Der Wind dreht allerdings aktuell etwas - und damit zeigt sich mal wieder am Beispiel des 47-jährigen Kroaten, wie schnelllebig das Fußballgeschäft gerade bei großen Klubs wie dem italienischen Rekordmeister sein kann. Hatte der Saisonstart mit drei Siegen aus drei Serie-A-Partien positive Stimmung und große Hoffnung auf Titel gerade auch in den örtlichen Gazetten geschürt, sorgen seither sechs Pflichtspiele in Folge ohne Sieg fürs komplette Gegenteil.
Nach zunächst fünf Remis am Stück manifestierte das 0:2 gegen Italiens Überraschungsklub Como 1907 die erste Krise unter dem seit März angestellten Tudor.
Mancini und Co. sollen auf der Liste stehenNach der Pleite durch Gegentore von Ex-Bundesliga-Profi Marc Oliver Kempf und dem überragenden Nico Paz sowie offensiver Harmlosigkeit der Alten Dame schrieb Tuttosport etwa von einem nicht allzu rosigen Verhältnis zwischen Tudor und Generaldirektor Damien Comolli, der allgemein auch als künftiger CEO des gesamten Turiner Großklubs gilt. Und es hieß auch, dass Comolli mit dem Rest der Juventus-Führung schon über einen potenziellen Trainerwechsel nachdenke, falls der für den Moment noch gesicherte Mann das Ruder alsbald nicht herumreißen kann.
Namen von potenziellen Nachfolgekandidaten werden in den italienischen Sportzeitungen bereits gespielt - darunter Roberto Mancini (zuletzt Nationaltrainer Saudi-Arabien), Raffaele Palladino (ehemals AC Florenz) oder auch ehemalige Bundesliga-Trainer wie Edin Terzic (BVB) oder Marco Rose (bis März 2025 bei RB Leipzig).
Und Tudor? Der zeigt sich souverän ("Ich lese keine Zeitung, egal ob ich gewinne oder verliere - ich verliere keine Energie, ich denke nicht an mich selbst, ich denke nur an das Team und daran, was ich tun muss"). Das ist: Er muss das Ruder herumreißen, um für sportlichen Erfolg zu sorgen und sich selbst wieder mehr zu verankern. Kein leichtes Unterfangen, zumal an diesem Mittwoch (21 Uhr, LIVE! bei kicker) die Champions-League-Mammutaufgabe bei Favorit Real Madrid ansteht und dort nach dem wilden 4:4 gegen Dortmund zum Start sowie dem enttäuschenden 2:2 beim FC Villarreal bereits das dritte CL-Spiel ohne Sieg samt tabellarischem Absturz winkt.
Noch sechs Spiele ZeitUnabhängig davon - ein Sieg bei den Königlichen wird gemeinhin von fast keinem Trainer zwingend erwartet - soll Tudor laut Tuttosport noch sechs Spiele Zeit haben, um den Turiner Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen. Das sind nach Real und vor der nächsten Länderspielpause im November die Pflichtspiele bei Lazio Rom (Sonntag, 20.45 Uhr, LIVE! bei kicker), gegen Udinese (29. Oktober), bei Aufsteiger Cremona (1. November), gegen Sporting Lissabon in der Königsklasse (4. November) und das Derby gegen Torino (8. November). Weitaus weniger Zeit gibt dem Kroaten jedoch die für gewöhnlich gut informierte Gazzetta dello Sport, wo es heißt, der Coach nur noch die nächsten beiden Partien in Madrid und Rom hat.
Tudor hat in seiner Trainerkarriere nicht oft mit einer Viererkette gespielt.
Gianluca Zambrottas Rat an Ex-Mitspieler Igor Tudor
Vielleicht entwächst aus der aktuell angespannten Situation aber auch etwas - daran glaubt etwa der frühere Turiner Verteidiger Gianluca Zambrotta (1999 bis 2006). Dafür solle Tudor aus Sicht des Weltmeisters von 2006 aber einige Dinge beachten: "Klar, es ist keine einfache Situation. Er kann aber aus dieser schwierigen Situation herauskommen."
Das Vertrauen in den Trainer nun infrage zu stellen, sei außerdem das falsche Mittel - Zambrotta glaube vollends an seinen früheren Teamkollegen, wenn dieser vor allem wieder von der zuletzt praktizierten Viererkette abrückt: "Tudor hat in seiner Trainerkarriere nicht oft mit einer Viererkette gespielt. Ich denke, er muss zu einer Dreierkette zurückkehren. Man muss seine eigenen Ideale verfolgen, das ist die einzige Lösung. Er hat schon immer so gespielt, also ist es besser, weiterhin an die Dinge zu glauben, die am besten funktionieren." Und er solle zudem mehr auf Dusan Vlahovic, der in den ersten Wochen als Joker richtig überzeugt hatte, setzen: "Ich bin immer der Meinung, dass man Vlahovic mehr Chancen geben sollte. Er trifft wieder für Serbien - und auch bei Juve ist er derjenige, der die meisten Tore geschossen hat. Vielleicht braucht er einen Mitspieler, der in seiner Nähe spielt, aber ich würde immer Vlahovic wählen."
Zambrotta weiß aber auch: "Es fehlt nicht viel, um wieder ganz oben anzudocken - sie haben auch erst ein Spiel verloren (das 0:2 gegen Como in der Tat die einzige Pflichtspielniederlage 2025/26; Anm. d. Red.). Doch sie haben auch schon lange nicht mehr gewonnen." Genauer gesagt seit dem 13. September nicht mehr, dem damals furiosen 4:3 im Derby d'Italia gegen Inter Mailand.
kicker