Leroy Sané wechselt mitten in den Vertragsverhandlungen den Berater – das irritiert die Bayern


Wie geht es weiter mit Leroy Sané? Diese Frage klingt auf den ersten Blick vielleicht so, als handele es sich um einen schwererziehbaren Jugendlichen, der immer wieder über die Stränge schlägt. Das aber ist der Aussenstürmer des FC Bayern ganz gewiss nicht. Der deutsche Nationalspieler neigt zu keinerlei Verhaltensauffälligkeiten. Es sei denn, man zieht den einzigen Parameter heran, der im Profifussball zuverlässig Auskunft über die Verfassung eines Spielers gibt: die Konstanz der Leistungen.
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Niemand würde bezweifeln, dass Leroy Sané ein ausserordentlich begabter Spieler ist. Aber mit seinen 29 Jahren hat er keineswegs jene Erwartungen erfüllt, die einst in ihn gesetzt wurden. Das verdeutlicht sich vor allem an den gegenwärtigen Diskussionen um Sané: Es geht um die Verlängerung seines Vertrages beim deutschen Rekordchampion.
Die Offerte der Bayern ist noch immer stattlichDie Bayern streben eine Reduzierung von Sanés Bezügen an. Anstatt, wie Sky berichtet, 20 Millionen Euro zuzüglich Boni jährlich verdienen zu können, soll er zukünftig nur noch deren 15 erhalten, und zwar in diesem Verhältnis: zwei Drittel fixer Lohn und ein Drittel Prämien. Kolportagen bei Gehältern sind zwar mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen – allerdings entbehren sie angesichts des stattlichen Etats nicht einer gewissen Plausibilität.
Christian Kolbert / Imago
Im Grunde seien sich beide Parteien über das immer noch ausserordentlich stattliche Angebot einig gewesen – zumal der Spieler gegenwärtig nicht über das Druckmittel verfügt, dass ihn ein internationaler Konkurrent der Bayern um jeden Preis verpflichten will. Doch Sané überraschte die Bayern-Führung mit einem Manöver: Er tauschte seinen Berater, Christian Schmid und die Agentur 11 Wins, aus.
Nun mag es gewiss irritieren, während laufender Verhandlungen den Beistand zu wechseln. Das ist allerdings legitim. In Sachen Leroy Sané jedoch dürfte die Reaktion nahe dem Entsetzen gewesen sein, denn es handelt sich beim neuen Berater um einen alten Bekannten: Pini Zahavi, ein Israeli mit hervorragenden Verbindungen zu Europas Spitzenklubs. Zahavi unterbreitete den Bayern prompt einen neuen Vorschlag: Die Summe soll bei 15 Millionen Euro gedeckelt sein, allerdings bei einem Grundgehalt von 12 und nicht 10 Millionen Euro, wie es die Bayern favorisieren.
Alaba ging ablösefrei zu Real MadridDie Begeisterung der Bayern hielt sich dem Vernehmen nach in Grenzen, vor allem beim Verhandlungsführer und Sportvorstand Max Eberl. Zumal die Erfahrungen, die sie mit Pini Zahavi gemacht haben, nicht unbedingt erbaulich sind. Vor vier Jahren, als der Verteidiger David Alaba den Israeli engagierte, um anstatt zu einer Einigung zu höheren Bezügen zu kommen, wechselte Alaba ablösefrei zu Real Madrid. Uli Hoeness, Bayerns Ehrenpräsident und immer noch Mitglied im Aufsichtsrat, etikettierte den Berater damals als «geldgierigen Piranha». Die Entscheidung, den Österreicher ziehen zu lassen, hatte jedenfalls weitreichende Folgen: Seitdem ist die Bayern-Defensive zuverlässig destabilisiert.
Zahavi war von dieser Etikettierung nach eigener Aussage sehr betroffen. Am Fernsehen erzählte er die Anekdote, dass er einen Anruf eines Mitarbeiters von Manchester United erhalten habe, der sein Unverständnis darüber ausdrückte. Tatsächlich löste die Hoeness-Aussage seinerzeit Verwunderung aus, denn dass es Beratern nicht nur ums Geld der Mandanten, sondern auch um die eigene Provision geht, ist beileibe nichts Neues. Dabei ist Zahavis Vorschlag im Sinne seines Mandanten nicht einmal dreist, wenn es um die blossen Summen geht. Eigenartig mutet eher an, wie sehr sich das Verfahren bei Sané nun schon in die Länge zieht. Parallel dazu vertritt Zahavi auch den langjährigen Leverkusener Verteidiger Jonathan Tah in dessen Vertragsverhandlungen mit dem FC Bayern.
Die Argumente, die Sané hat, sind einerseits gar nicht so schlecht: In der Bundesliga erzielte er für die Bayern nie mehr Tore und gab nie mehr Vorlagen als in dieser Saison. Was für einen Klub wie den FC Bayern, der stets höchstes Niveau anstrebt, allerdings entscheidender ist: Sané gelingen, andererseits, selten Treffer und Assists in Spielen, die für die Bayern eine besondere Bedeutung haben. Einen erinnerungswürdigen Auftritt in der Champions League in einem Viertel- oder Halbfinal? Den wird man bei Sané nur schwerlich finden.
Nicht auf dem Niveau von Robben und RibéryZumal der Anspruch innerhalb des Klubs mittlerweile grösser geworden ist. Man vergleicht seine Leistung nun nicht mehr mit dem ähnlich lethargischen Serge Gnabry, der ebenfalls in einer hohen Gehaltskategorie angesiedelt ist. Geht es um ihre Fähigkeiten, so liessen sich die beiden durchaus vergleichen mit dem legendären Flügel-Duo Franck Ribéry und Arjen Robben. Doch anders als Ribéry und Robben, wahlweise «Robbery» genannt, trennt beide ein entscheidender Faktor von der Weltklasse: ausserordentliche Leistung über viele Jahre hinweg. Geht es darum, Leroy Sanés Leistung zu bemessen, ist der Franzose Michael Olise der Massstab, er ist der beste Transfer in dieser Saison. Olise hat sich innerhalb kürzester Zeit unersetzlich gemacht.
Dass die Bayern überhaupt über die Bücher gingen, dürfte einer simplen Erkenntnis geschuldet sein: Ein Weltklassegehalt verlangt auch nach Weltklasseleistungen. Und dass diese bei Sané zu selten zu sehen sind, ist offensichtlich.
nzz.ch