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Warum Granit Xhaka in Sunderland gelandet ist? Der milliardenschwere Klubbesitzer, der im Zürcher Amateurfussball kickt, lockte ihn an

Warum Granit Xhaka in Sunderland gelandet ist? Der milliardenschwere Klubbesitzer, der im Zürcher Amateurfussball kickt, lockte ihn an
In der Mannschaft des Sunderland AFC dürfte sich alles um Granit Xhaka drehen.

Ian Horrocks / Sunderland AFC via Getty

Der Transfer von Granit Xhaka zum Sunderland AFC zählt zu den markantesten der Schweizer Fussballgeschichte. Ausschlaggebend dafür ist die gemeinsame Herkunft der beiden Hauptakteure: Auf Klubseite steht der 28-jährige Haupteigner und Milliardenerbe Kyril Louis-Dreyfus, der in Zürich in der 4. Liga für den FC Seebach kickt, auf Spielerseite der 32-jährige Captain des Nationalteams. Eine derart prominente Übereinkunft unter Schweizer Landsleuten ist im internationalen Spitzenfussball eine Seltenheit.

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Xhaka, der viele Spiele in der Champions League absolviert hat, scheint für den vergleichsweise gewöhnlichen Ligabetrieb eines Aufsteigers eigentlich überqualifiziert. Dennoch einigte er sich mit Sunderland auf einen Dreijahresvertrag. Er soll pro Saison bis zu 10 Millionen Franken verdienen – mehr als zuletzt in Leverkusen.

Die Grundablösesumme, die an Leverkusen geht, beträgt 15 Millionen Franken, hinzu kommen leistungsabhängige Bonuszahlungen von bis zu 5 Millionen. Für diesen finanziellen Kraftakt setzte sich Louis-Dreyfus persönlich über Wochen hinweg ein. Es heisst, er habe seinen stolzen Landsmann in mehreren Telefongesprächen zu einer Rückkehr nach England bewogen.

Dabei vermittelte er Xhaka offenbar jene Wertschätzung, die dieser beim Bundesligaklub zuletzt vermisst haben könnte. Laut «Sport-Bild» meldete sich Leverkusens neuer Trainer Erik ten Hag nach seiner Ernennung zunächst drei Wochen lang nicht bei Xhaka. Als der Niederländer später um dessen Verbleib warb, war die Entscheidung längst gefallen.

Mit Leverkusen feierte Granit Xhaka schöne Erfolge – aber zuletzt soll er dort Wertschätzung vermisst haben.
Die Derbys mit Newcastle United zählen zu den Höhepunkten in der Premier League

Vor seinem zweijährigen Engagement bei der Werkself hatte Xhaka sieben Jahre lang für den Arsenal FC in London gespielt. Während dieser Zeit erlebte er mit, welche Strahlkraft und welche Tradition den Kultklub Sunderland umgeben – auch wenn Xhaka nie im ehrwürdigen Stadium of Light in Sunderland aufgelaufen ist. Beim damaligen Auswärtsmatch von Arsenal, kurz vor Sunderlands Abstieg im Sommer 2017, fehlte er gesperrt wegen einer roten Karte.

Die «Black Cats» sind mit sechs Meistertiteln (der letzte resultierte 1936) eine feste Grösse im englischen Nordosten und haben durch die Netflix-Serie «Sunderland ’til I Die» Bekanntheit erlangt. Die Tyne-Wear-Derbys gegen das nur eine halbe Autostunde entfernte Newcastle United gehören zu den Höhepunkten in der Premier League, da sie die tief verwurzelten Rivalitäten zweier leidenschaftlicher Fanlager entfachen. Fussballprofis schwärmen regelmässig vom eigenwilligen Charme der Region und von der Herzlichkeit ihrer Menschen.

Kaum verwunderlich also, dass Xhakas Ankunft bei den leidgeprüften Sunderland-Ultras in der strukturschwachen Arbeiterstadt eine Euphorie ausgelöst hat. Die Zeitung «Sunderland Echo» kommentierte, dass Xhaka ein «fussballerischer und emotionaler Game-Changer» für den Klub sei – ein Spieler, der dessen Ansehen durch seine blosse Präsenz entscheidend verändere.

Zwar ist Xhaka nicht der teuerste Transfer in der Vereinshistorie, doch unbestritten der berühmteste Zuzug seit vielen Jahren. Sein Status innerhalb der Mannschaft dürfte dem eines Sonnenkönigs gleichen: Alles wird sich um ihn drehen.

Seine Erfahrung und seine Führungsstärke sollen ihn und die jungen Mitspieler zum Klassenerhalt führen. Dafür wich Louis-Dreyfus bewusst von seiner Strategie ab, nahezu ausschliesslich aufstrebende Talente zu verpflichten. Xhaka ist der älteste Feldspieler im Kader – mit mehr als fünf Mal so vielen Startelfeinsätzen in der Premier League wie seine Teamkollegen zusammen.

Granit Xhaka soll eine Stütze sein für seine jungen Mitspieler, damit Sunderland den Klassenerhalt erreicht.

Ian Horrocks / Sunderland AFC via Getty

In der Zentrale nimmt Xhaka den Platz von Jobe Bellingham ein, der Sunderland für 30 Millionen Franken in Richtung Dortmund verliess. Mit diesem Rekorderlös sowie den garantierten TV-Geldern in dreistelliger Millionenhöhe versucht Louis-Dreyfus, das Kader auf das Level der Konkurrenz zu heben. In dieser Transferperiode investierte der Klub ungefähr 100 Millionen Franken in sechs Zuzüge, darunter die Rekordsumme von 30 Millionen für das Mittelfeldtalent Habib Diarra von Racing Strassburg.

Solche schwindelerregenden Beträge sind für den Premier-League-Aufsteiger längst keine Ausnahme mehr; bei den Mitaufsteigern Leeds und Burnley sieht es ähnlich aus. Nottingham Forest gelang es in der Saison 2022/23 als bisher letztem Verein, sich nach dem Aufstieg in der Liga zu halten – mit dem damaligen Investitionsvolumen von 200 Millionen Franken.

Kyril Louis-Dreyfus (vorne Mitte) will in der Fussballwelt einen Einfluss erlangen, wie ihn einst sein verstorbener Vater Robert hatte.

Alex Dodd / CameraSport / Getty

Vorbereitung auf die Trainerkarriere

Mit dem Xhaka-Coup demonstriert Louis-Dreyfus, dessen Vater Robert vor seinem Tod ein einflussreicher Strippenzieher im Weltfussball war, seine Verbundenheit zu Sunderland. Und dass er selbst eine feste Position im internationalen Fussballmanagement anstrebt. Wäre er allein an finanziellem Gewinn interessiert, hätte er den Klub längst mit Profit verkauft. Doch er bleibt – und geht damit das Risiko ein, dass der Verein bei einem Abstieg wieder an Wert verliert.

Das wiederum würde auch Xhakas Pläne durchkreuzen. Es ist schwerlich anzunehmen, dass der ehrgeizige Spieler seiner illustren Laufbahn ein Jahr in einer zweiten Liga anhängen würde. Es bleibt ohnehin abzuwarten, inwiefern er sich damit arrangiert, dass viele seiner neuen Mitspieler – wie der Trainer Régis Le Bris – kaum das Niveau haben, das er gewohnt ist.

Xhakas Entscheidung für Sunderland dürfte auch von Überlegungen für die Zeit nach der Profikarriere beeinflusst gewesen sein. In den letzten Jahren hat er in England die zweithöchste Trainerlizenz erworben und mehrfach erkennen lassen, dass er sich später eine Tätigkeit als Coach vorstellen kann. In gewisser Weise übernimmt er nun bereits eine solche Rolle – durch seine exponierte Stellung im Team. Und mit Louis-Dreyfus im Management kann er sich sogar auf Schweizerdeutsch austauschen.

nzz.ch

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